Hochdeutsch in Österreich
Zwischen Schmäh und Hochdeutsch – die Besonderheiten des österreichischen Deutsch
„Österreicher unterscheiden sich von den Deutschen durch so mancherlei, besonders durch die gleiche Sprache.“ (frei nach Karl Farkas, österreichischer Kabarettist)
Österreichisches Hochdeutsch ist – wie beispielsweise das Schweizer Hochdeutsch – eine Sprachvarietät des Standarddeutschen. Verwendet wird es in Österreich in Schulen, Medien und offiziellen Dokumenten. Doch wer denkt, dass in Österreich einfach nur „Deutsch mit Dialekt“ gesprochen wird, irrt sich: Das österreichische Hochdeutsch hat einige Eigenheiten, die es von der in Deutschland verwendeten Standardsprache unterscheiden. Genau darüber wollen wir hier sprechen. Und wer sein Österreichsich testen möchte, kann dies anschließend in unserem Austriazismen-Quiz tun!
Austriazismen – typische österreichische Ausdrücke
Österreichisches Hochdeutsch enthält viele Begriffe, die im deutschen Standarddeutsch nicht vorkommen oder eine andere Bezeichnung haben: heuer für dieses Jahr, Jänner für Januar, Sackerl für eine Plastiktüte oder auch leiwand für großartig – um nur einige Beispiele zu nennen.
Auch in der Kulinarik gibt es viele Unterschiede. Stellen Sie in unserem kulinarischen Austriazismen-Quiz am Ende des Artikels Ihr Wissen unter Beweis oder lernen Sie ein paar neue Ausdrücke, mit denen Sie bei Ihrem nächsten Österreichurlaub glänzen können.
Missverständnisse zwischen Deutschen und Österreichern
Auch wenn in beiden Ländern Hochdeutsch gesprochen wird, gibt es Wörter, die in Österreich und Deutschland unterschiedlich verwendet werden, sogenannte Homonyme. Und das kann zu Missverständnissen führen. Hier einige Beispiele:
- Sessel vs. Stuhl – Während mit Sessel in Deutschland ein weich gepolstertes Sitzmöbel bezeichnet wird, ist in Österreich damit in den meisten Fällen einfach eine Sitzgelegenheit für eine Person gemeint. Der Begriff ist in Österreich also weiter gefasst als in Deutschland und deckt beispielsweise auch einen Stuhl ab.
- Mist vs. Müll– In Österreich bezeichnet Mist den alltäglichen Abfall, in Deutschland versteht man darunter meist tierischen Dung oder eine ärgerliche Situation („So ein Mist!“). So wird beispielsweise in Österreich der Mülleimer zum Mistkübel.
- Kasten vs. Schrank– Der Kasten – in Deutschland ist damit meist ein rechteckiger, häufig aus Holz gefertigter Aufbewahrungsbehälter gemeint. In Österreich bezeichnet man damit schlicht und ergreifend einen Kleiderschrank.
Solche Unterschiede führen nicht nur zu amüsanten Momenten im Gespräch, sondern zeigen auch, wie vielfältig und facettenreich die deutsche Sprache in ihren regionalen Varianten ist. Wer in Österreich unterwegs ist, sollte sich also nicht wundern, wenn eigentlich vertraute Wörter plötzlich eine ganz neue Bedeutung bekommen.
Die sprachlichen Feinheiten: Grammatik im österreichischen Hochdeutsch
Das österreichische Hochdeutsch weist einige grammatikalische Besonderheiten auf, die es vom in Deutschland üblichen Standarddeutsch unterscheiden. Besonders auffällig sind folgende Eigenheiten:
Adjektive mit Umlaut:
In Österreich wird bei Adjektiven oft eine Variante mit Umlaut verwendet, zum Beispiel mehrfärbig statt mehrfarbig oder alkoholhältig statt alkoholhaltig.
Artikelgebrauch:
Einige Substantive haben in Österreich einen anderen Artikel, etwa das E-Mail statt die E-Mail, das Cola statt die Cola oder der Radio statt das Radio. Auch bei Zahlen, zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr, gibt es Unterschiede: Während man in Deutschland die 1 nimmt, steigt man in Österreich häufig in den 1er.
Verkleinerungsformen:
Statt -chen oder -lein wird in Österreich häufig -erl verwendet, etwa Baucherl statt Bäuchlein oder Flascherl statt Fläschchen.
Fugen-s:
In Österreich gibt es sowohl Fälle, in denen das Fugen-s im Vergleich zum Standarddeutsch fehlt (zum Beispiel Adventkalender statt Adventskalender), als auch Fälle, in denen es hinzukommt (zum Beispiel Fabriksarbeiter statt Fabrikarbeiter). Besonders nach Gaumenlauten wie „k“ oder „g“ ist diese Form verbreitet.
Diese grammatikalischen Unterschiede sind tief im österreichischen Sprachgebrauch verankert und tragen wesentlich dazu bei, dem österreichischen Hochdeutsch eine eigenständige sprachliche Identität zu verleihen.
Wenn sich alles (irgendwie) ausgeht – eine typisch österreichische Redewendung
Eine in Österreich (und auch in Süddeutschland) sehr weit verbreitete Redewendung ist Es geht sich aus. Sie bedeutet, dass sich etwas zeitlich, räumlich oder mengenmäßig ausgeht – also passt. Ob es um den letzten Sitzplatz im Kaffeehaus, die Pünktlichkeit bei einem Termin oder das Budget für den Urlaub geht – in Österreich „geht sich“ vieles aus (oder eben nicht).
Interessanterweise stammt dieser Ausdruck ursprünglich aus dem Tschechischen, genauer gesagt von to vyjde („es wird klappen“) bzw. to nevyjde („es wird nicht klappen“). Der Einfluss der tschechischen Sprache auf das Österreichische ist ein Überbleibsel der Habsburgermonarchie, in der viele Sprachen nebeneinander existierten. Heute spiegelt die Wendung auch ein Stück österreichischer Mentalität wider: Statt hektischem Stress herrscht oft die entspannte Gelassenheit vor, dass sich die Dinge schon „ausgehen“ werden.
Fazit: Österreichisches Hochdeutsch als eigenständige Sprachvariante
Österreichisches Hochdeutsch ist weit mehr als nur eine regional gefärbte Variante des Deutschen. Es ist eine lebendige Sprache, die sich durch ihren eigenen Klang, besondere Ausdrucksweisen und prägnante sprachliche Eigenheiten auszeichnet.
Von den einzigartigen Austriazismen bis hin zu den grammatikalischen Feinheiten zeigt sich, dass Österreichs Hochdeutsch eine eigenständige Identität besitzt, die sich deutlich von der deutschen Standardsprache abhebt. Diese Unterschiede, sei es im Wortschatz, in der Grammatik oder in der alltäglichen Kommunikation, machen die Sprache nicht nur facettenreich, sondern auch charmant und humorvoll.
Wer sich auf Österreich einlässt, wird schnell merken: Die Sprache mag vertraut klingen, doch ihr wahrer Charme entfaltet sich erst beim genaueren Hinhören. Sie ist nicht nur ein Werkzeug der Verständigung, sondern auch ein Spiegel der österreichischen Kultur und Mentalität.
Quiz
Zum Abschluss ein kleiner Test für Sprachfeinschmecker: Wie gut kennen Sie sich mit österreichischem Hochdeutsch aus? Mal sehen, wie viele Begriffe Sie erkennen!
Ergebnisse
0–2 richtige Antworten: Mei! Das war wohl nix – aber das nächste Mal geht sich’s bestimmt besser aus!
3–5 richtige Antworten: Na geh! Das war schon ganz passabel, aber da steckt noch Potenzial im Sackerl.
6–8 richtige Antworten: Leiwand! Sie kennen sich aus – Österreichisch liegt Ihnen offenbar im Blut (oder im Magen)!
9–10 richtige Antworten: Urig! Sie sind ein echter Sprach-Kaiser – da bleibt einem ja der Mund offen vor lauter Staunen.
#1. Ein Österreicher bestellt im Gasthaus einen „Paradeiser-Salat“. Was bekommt er?
#2. Auf einem Schild am Marktstand steht „Karfiol“. Was wird angeboten?

#3. Sie sind in einem österreichischen Supermarkt und suchen Hackfleisch. Wie heißt es dort?
#4. In Österreich wird oft „Powidl“ für süße Mehlspeisen verwendet. Aber was genau ist das?
#5. Auf einem österreichischen Bauernmarkt wird „Kukuruz“ verkauft. Was könnte das sein?
#6. Auf der Speisekarte in einem Restaurant wecken „Palatschinken“ Ihr Interesse. Was bekommen Sie?
#7. Im Rezept steht „Ribisel“. Was ist gemeint?
#8. Was bezeichnet man in Österreich als „Fisolen“?
#9. Was ist „Vogerlsalat“?

#10. Sie möchten eine Sauce Béarnaise kochen und brauchen Estragon. Was kaufen Sie in Österreich?
Und was denken Sie?
Kennen Sie noch weitere interessante Feinheiten des österreichischen Hochdeutsch?
Schreiben Sie uns eine E-Mail.
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