Hochdeutsch in Deutschland und der Schweiz

Die subtilen Unterschiede zwischen deutschem und Schweizer Hochdeutsch

Deutsch wird nicht nur in Deutschland gesprochen, sondern auch in anderen Ländern wie der Schweiz und Österreich, Liechtenstein, Luxemburg, Italien und Belgien.

Schon in Deutschland selbst gibt es eine Vielzahl von Dialekten, wie zum Beispiel Bairisch, Schwäbisch und Kölsch.

Doch auch in der Schweiz hat das Deutsche seine ganz eigenen Facetten, und zwar in Form des Schweizerdeutsch, das ebenfalls in verschiedenen Regionen unterschiedlich ausgeprägt ist.

In Österreich wiederum spricht man österreichisches Deutsch oder auch Österreichisch, das ebenfalls einige charakteristische Merkmale aufweist. Jede dieser Varietäten hat ihren eigenen Charme und trägt zur kulturellen Vielfalt der deutschen Sprache bei.

Hochdeutsch als gemeinsame Grundlage

Die gemeinsame Grundlage der verschiedenen Varietäten der deutschen Sprache bildet Hochdeutsch, auch bekannt als Standarddeutsch oder Schriftdeutsch.

Hochdeutsch ist die offizielle und standardisierte Form des Deutschen, die jedoch je nach Region leichte Unterschiede aufweisen kann. Im Allgemeinen findet sie in deutschsprachigen Ländern in der schriftlichen Kommunikation, den Medien und im Bildungssystem Verwendung.

Als gemeinsame Sprachnorm bietet Hochdeutsch eine stabile Basis für den interregionalen Austausch und die internationale Kommunikation in der deutschen Sprache.

Schweizerdeutsch vs. Schweizer Hochdeutsch: Was ist der Unterschied?

Eines vorweg: Wenn in diesem Artikel die Rede von Schweizer Hochdeutsch ist, ist damit nicht der Dialekt gemeint, der von vielen Schweizer:innen im Alltag gesprochen wird, sondern das schweizerische Standarddeutsch.

Wir fassen zusammen:

Schweizerdeutsch bezeichnet die Schweizer Dialekte. Dazu muss man sagen, dass es das eine Schweizerdeutsch auch gar nicht gibt. Je nach Region werden sehr unterschiedliche Dialekte gesprochen.

Schweizer Hochdeutsch bzw. Schweizer Standarddeutsch bezeichnet die schweizerische Schriftsprache, die in den Nachrichten oder auch in Schulen und Universitäten verwendet wird.

Helvetismen: spezielle schweizer Ausdrücke

Ein Beispiel für die Unterschiede zwischen dem Hochdeutsch, das in Deutschland gesprochen wird, und dem Schweizer Hochdeutsch, ist die Verwendung von Helvetismen.

Helvetismen sind sprachliche Besonderheiten, die typisch für die Schweiz sind und das Schweizer Hochdeutsch von anderen Varianten des Hochdeutschen unterscheiden.

Hier sind einige Helvetismen, auf die ich in Gesprächen mit Schweizer*innen oder in Texten gestoßen bin. Es gibt immer wieder schöne und auch überraschende Unterschiede zu entdecken!

Die Schweiz nutzt kein ß

In der schriftlichen Sprache gibt es einen markanten Unterschied zwischen Standarddeutsch und dem Schweizer Hochdeutsch: der Gebrauch von „ss“ und „ß“. Das ß wurde in der Schweizer Schriftsprache komplett abgeschafft.

Im Standarddeutsch wird „ß“ verwendet, um den stimmlosen s-Laut zu kennzeichnen, wenn dieser auf eine lange Silbe oder einen Dipthong folgt. Im Schweizer Hochdeutsch wird stattdessen einfach immer „ss“ geschrieben.

Ein Beispiel hierfür ist das Wort „Maß“ im Standarddeutschen, das im Schweizer Hochdeutsch als „Mass“ geschrieben wird. Ob man nun in Maßen oder in Massen trinkt, ist in der Schweiz also nur aus dem Kontext ersichtlich.

Ebenso wird „Fuß“ in der Schweiß zu „Fuss“, „anmaßen“ zu „anmassen“, „Buße“ zu „Busse“ und so weiter.

Wenn Sie also in schweizerischen Texten auf „ss“ anstelle von „ß“ stoßen, wundern Sie sich nicht. Das ist kein Tippfehler, sondern eine interessante Eigenheit, die dem schweizerischen Deutsch seinen eigenen Charakter verleiht!

„Falsche Freunde“ aus der Schweiz

Im Schweizer Hochdeutsch gibt es einige sogenannte „falsche Freunde“, also Wörter, die zwar genauso heißen wie im Hochdeutschen, aber eine ganz andere Bedeutung haben.

Estrich

Ist in der Schweiz vom „Estrich“ die Rede, so wird der Blick nicht nach unten, sondern nach oben gerichtet. Denn es geht nicht um den Fußbodenaufbau, sondern um den Dachboden.

Peperoni

Wenn es draußen köstlich nach grillierten Peperoni und Zucchetti schmeckt, dann bedeutet es, dass es nach gegrillten Paprika und Zucchini duftet. Denn als Peperoni werden in der Schweiz Gemüsepaprika und nicht die kleinen scharfen Schoten bezeichnet.

Schmecken

Die unterschiedliche Verwendung von „schmecken“ ist mir persönlich erstmals im Gespräch mit einer Bekannten aus der Schweiz aufgefallen, die berichtete, dass ihr Arm nach Sonnencreme schmeckt. Nach kurzer Verwirrung meinerseits war das Missverständnis aber schnell aus dem Weg geräumt und mir war klar, „schmecken“ bedeutet hier „duften“. Wie so häufig war nachfragen die beste Lösung. Sonst würde ich mich wohl noch heute fragen, was sie dazu getrieben hat, an ihrem Arm zu lecken.

Grammatikalische Unterschiede im Schweizer Hochdeutsch

Bildung des Perfekts

Im Schweizer Hochdeutsch weicht die Perfektbildung von Verben teilweise vom Standard-Hochdeutsch ab. Das ist übrigens auch in einigen regionalen Dialekten Deutschlands der Fall. Beispielsweise  bilden Schweizer die Perfektform von „sitzen“ und „stehen“ nicht mit haben, sondern mit sein. In der Schweiz habe ich also nicht an der Ampel gestanden, sondern ich bin am Rotlicht gestanden. Und ja, „Rotlicht“ ist wieder mal ein Helvetismus.

Genus und Plural von Substantiven

Auch das Geschlecht von Substantiven unterscheidet sich mitunter in Deutschland und in der Schweiz. Zum Musikhören schalte ich etwa den Radio ein. Wenn ich jemandem eine elektronische Nachricht zukommen lassen möchte, kann ich mich beispielsweise für das E-Mail oder das SMS entscheiden. Und in der „Beilage“ (Helvetismus für Anhang) kann ich eine Foto versenden.

Ebenso unterscheidet sich teilweise der Plural  vom Standard-Hochdeutsch. Beispiele hierfür sind Pärke für Parks, Krägen für Kragen oder Gurten für Gurte.

Schweizer Hochdeutsch Standarddeutsch
der Radio das Radio
das E-Mail die E-Mail
das SMS die SMS
die Foto das Foto
die Pärke die Parks
die Krägen die Kragen
die Gurten die Gurte

Zeichensetzung im Schweizer Hochdeutsch: ähnlich aber anders

Nicht nur beim Vokabular gibt es Unterschiede zu unserem südlichen Nachbarn, auch die Interpunkton unterscheidet sich in manchen Fällen.

Guillemets

Im Standarddeutschen werden gebogene, tief- und hochgestellte Anführungszeichen verwendet . In Texten auf Schweizer Hochdeutsch kommen hingegen die aus dem Französischen bekannten  Guillemets «…» zum Einsatz.

Komma und Großschreibung in der Anrede

Wer einen Brief verfasst, sollte darauf achten, nach der Anrede kein Komma zu setzen, denn dies ist in der Schweiz unüblich.

Ebenso wird der Text in der nächsten Zeile nicht mit Klein-, sondern mit Großschreibung fortgesetzt:

Schweizer Hochdeutsch Standarddeutsch
Grüezi Herr Meier

Ich interessiere mich für …

Hallo Herr Meier,

ich interessiere mich für …

Guten Tag Frau Müller

Vielen Dank für Ihre Anfrage.

 

Guten Tag Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

 

Zahlenschreibweise

Spezielle Regeln gelten auch bei der Schreibweise von Zahlen, und zwar in Bezug auf die Dezimal- und Tausendertrennzeichen.

Dezimaltrennzeichen: In der Schweiz wird zwar im Allgemeinen das Komma als Dezimaltrennzeichen verwendet, es gibt allerdings eine Ausnahme für Geldbeträge. Bei Gelbeträgen wird ein Dezimalpunkt zwischen Währungseinheit und Untereinheit gesetzt. Demnach lautet die korrekte Schreibweise CHF 99.95.

Schweizer Hochdeutsch Standarddeutsch
In der Regel Komma;

bei Geldbeträgen Dezimalpunkt: CHF 99.95

Stets Dezimalkomma

Tausendertrennzeichen: Was das Tausendertrennzeichen angeht, so wird im Deutschen üblicherweise ein geschütztes Leerzeichen oder ein Punkt verwendet: 100 000 bzw. 100.000. Im Schweizer Hochdeutschen wird stattdessen ein Apostroph als Tausendertrennzeichen verwendet: 100’000.

Schweizer Hochdeutsch Standarddeutsch
Apostroph

100’000

geschütztes Leerzeichen oder Punkt

100 000 bzw. 100.000

Fazit

Wir sehen also: Deutsch ist nicht gleich Deutsch. Das Schweizer Hochdeutsch wartet mit einigen interessanten Besonderheiten auf, die im ersten Moment für Personen, die Standarddeutsch gewohnt sind, verwirrend anmuten mögen. Zum Glück lassen sich Missverständnisse meist leicht klären, indem man darüber spricht.

Die deutsche Sprache ist enorm vielfältig. Selbst für Muttersprachler gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Das ist einer der vielen Aspekte, die die Arbeit mit der Sprache so interessant machen.

Und was denken Sie?

Welche Unterschiede zwischen Deutsch in der Schweiz und in Deutschland kennen Sie noch? Hat ein Helvetismus Sie schon mal so richtig verwirrt? Haben Sie ein schweizerisches Lieblingswort? Und an die Schweizer:innen: Welches standarddeutsche Wort finden Sie einfach nur seltsam?

Schreiben Sie uns eine E-Mail.

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